Archipelago

Contents Contributors Resources Recommended Download Archive

 

p o e m s

e l i z a b e t h  k n i e s

 

 

Auf einmal ist aus allem Grün im Park

man weiß nicht was, ein Etwas, fortgenommen;

man fühlt ihn näher an die Fenster kommen

und schweigsam sein. In ständig nur und stark

 

ertönt aus dem Gehölz der Regenpfeifer,

man denkt an einen Hieronymus:

so sehr steigt irgend Einsamkeit und Eifer

aus dieser einen Stimme, die der Guß

 

erhören wird. Des Saales Wände sind

mit ihren Bildern von uns fortgetreten,

als dürften sie nicht hören was wir sagen.

 

Es spiegeln die verblichenen Tapeten

das ungewisse Licht von Nachmittagen,

in denen man sich fürchtete als Kind.

                                        -Neue Gedichte

All at once, a Something—we don’t know what—

has drained all the green from the park;

one feels it approach the window

soundlessly. Urgent and intense

 

the golden plover cries in the woods

like Saint Jerome:

loneliness and passion rise as one voice

that will be heard in the downpour.

 

The walls of the room

with their pictures shrink back

as if forbidden to hear what we say.

 

The threadbare tapestries shimmer

in the uncertain light of afternoon

in which one felt so frightened as a child.

 

 

 

 

 

Du im Voraus

verlorne Geliebte, Nimmergekommene,

nicht weiß ich, welch Töne dir lieb sind.

Nicht mehr versuch ich, dich, wenn das Kommende wogt,

zu erkennen. All die großen

Bilder in mir, im Fernen erfahrene Landschaft,

Städte und Türme und Brücken und un-

vermutete Wendung der Wege

und das Gewaltige jener von Göttern

einst durchwachsenen Länder

steigt zur Bedeutung in mir

deiner, Entgehende, an.

 

Ach, die Gärten bist du,

ach, ich sah sie mit solcher

Hoffnung. Ein offenes Fenster

im Landhaus—, und du tratest beinahe

mir nachdenklich heran. Gassen fand ich,—

du warst sie gerade gegangen,

und die Spiegel manchmal der Läden der Händler

waren noch schwindlich von dir und gaben erschrocken

mein zu plötzliches Bild.—Wer weiß ob derselbe

Vogel nicht hinklang durch uns

gestern, einzeln, im Abend?

                                        -Ungesammelte Gedichte

 

You who already

were lost, beloved, never to arrive,

I don’t even know what melodies you like.

I don’t look for you anymore, don’t hope to find you

in time to come. All the immense

images in me of distant landscapes,

cities and towers and bridges and un-

foreseen turns in the road

and that realm where the gods dwell

rise up in me to mean

that you will always elude me.

 

Ah, you are the gardens,

ah, I saw you with such

hope. An open window

in a country house—

      and you stepped out,

pensive, nearby. I found streets

where you had just been,

and sometimes a mirror in a shop

still dizzy from you, that startled,

reflected my abrupt appearance.

     —Who knows if the same

bird didn’t sing for us

yesterday, separately, in the evening?

 

 

 

 

 

Einmal, wenn ich dich verlier,

wirst du schlafen können, ohne

daß ich wie eine Lindenkrone

mich verflüstre über dir?

 

Ohne daß ich hier wache und

Worte, beinah wie Augenlider,

auf deine Brüste, auf deine Glieder

niederlege, auf deinen Mund?

 

Ohne dass ich dich verschließ

und dich allein mit Deinem lasse,

wie einen Garten mit einer Masse

von Melissen und Stern-Anis?

   -Der Neuen Gedichte, Anderer Teil

 

One day, when I lose you,

will you be able to go to sleep

without me like a crown of lindens

whispering over you?

 

Without me waking beside you,

putting words like a butterfly kiss

on your breast, on your arms and legs,

on your mouth?

 

Without me closing you

and leaving you alone with what is yours,

like a garden full to overflowing

with melissa and star-anise?

 

 

 

 

 

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß,

Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,

And auf den Fluren laß die Winde los.

 

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;

Gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,

Dränge sie zur Vollendung hin und jage

Die letzte Süße in den schweren Wein.

 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

Und wird in den Alleen hin und her

Unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

                                  -Das Buch der Bilder

 

Lord: it is time. Summer was so vast.

Now shadows slant across the sundials

and the wind is loose in the fields.

 

Let the last fruits become full;

give them two more southerly days

to reach perfection

and drive the last sweetness into the heavy wine.

 

Who has no house now will not be building one.

Who is alone now will remain alone,

will wake up, read, write long letters,

and go out walking here and there

restlessly, when the leaves begin to blow.

 

tr.© Elizabeth Knies, 2000.

Contributors

next page

 


contents download subscribe archive